10 Prinzipien für einen wirkungsvolleren Alltag
Wie erreiche ich, was ich mir wünsche?
Diese Frage beschäftigt mich seit einigen Jahren. Denn es ist mir wichtig, meine Zeit, Energie und Aufmerksamkeit so gut wie möglich einzusetzen. Um mich weiterzuentwickeln. Um einen Beitrag für diese Welt zu leisten. Und um etwas zu hinterlassen, auf das ich nachher zurückschaue und sage: „Genau so!“ statt “Ach hätte ich bloß …”.

Aber.
Auf der Reise zur persönlichen Wirksamkeit kann man sich schnell verlieren. Es gibt einfach zu viele Orte, die darauf warten, entdeckt zu werden. Zu viele Schatzkarten, die verlockend sind, aber am Ende ins Nirgendwo führen. Da ist die Enttäuschung schnell groß.
Was aber führt dorthin, wo man wirklich ankommen will?
Die kurze Antwort: die Reise – und nicht das Ziel.
Oder in der Langform: Ziele, Träume, Wünsche sind alles Vorstellungen, die wir uns von einer Zukunft machen, wie wir sie haben wollen. Das ist an sich gut, denn das gibt uns Kraft und richtet unseren inneren Kompass in die richtige Richtung aus.
Doch sind wir damit noch keinen Meter weiter gekommen.
Im Gegenteil: Es kann sogar das Gegenteil bewirken, zu viel darüber nachzudenken, was man selbst sein oder tun will. Denn:
Je mehr man über die eigene Zukunft nachdenkt, desto mehr Fortschritt erwartet man.
Je langsamer sich aber dieser Fortschritt einstellt, weil man nicht in Bewegung kommt, desto wahrscheinlicher entsteht Frust.
Dieser Frust wiederum verhindert, dass wir ins Tun kommen. Die Folge: fehlende Erfahrungen der eigenen Wirksamkeit, die wir nur im Unterwegssein machen können.
Ein Kreislauf der Resignation.
Was also tun?
Das „Wie“ der Reise
Das Geheimnis liegt in dem „Wie“ unserer Reise und nicht in dem „Was“ unserer Ziele. Das bedeutet dreierlei:
Wenn wir jemals irgendwo ankommen wollen, brauchen wir konstante Bewegung in die richtige Richtung.
Unterwegs geht es darum, die Dinge zu stärken, die uns in Bewegung halten, und die Dinge aus dem Weg zu räumen, die uns zurückhalten.
Und dabei unsere Erwartungen so klein wie möglich zu halten. Zufriedenheit ist die Folge höherer Wirksamkeit, nicht ihre Ursache – so unromantisch das klingen mag.
Oder mit einem Zitat von John C. Maxwell, das mich seit Jahr und Tag fasziniert:
“You never change your life until you change something you do daily. The secret of your success is found in your daily routine.”
Wenn wir also unsere persönliche Produktivität steigern wollen, besteht unsere Aufgabe darin …
eine Liste an Gewohnheiten und Prinzipien für uns zu finden, die zusammengezählt große Wirkung in unserem Leben entfalten,
dann viele, viele Trippelschritte zu gehen, die sich nach und nach zu einer langen Wegstrecke summieren.
Die entscheidende Frage lautet nicht, wie man mehr schafft, sondern: Wie will ich leben?
Der Markt der guten Ratschläge
Was aber gehört auf diese Liste guter Gewohnheiten und Prinzipien, die mir dienen?
Der Markt der guten Ratschläge ist riesig.
Ich erinnere mich noch, wie ich zum Einstieg in meine Selbstständigkeit einen Tipp nach dem anderen aufgesaugt habe wie ein Schwamm. Am Ende hatte ich über vierzig tägliche Gewohnheiten auf der Platte, denen ich natürlich überhaupt nicht gerecht werden konnte. Schon gar nicht, als ich sie alle gleichzeitig einüben wollte.
Über die Jahre habe ich diese Liste nach und nach auf das Wesentliche reduziert.
Und zwar mit dem Vorsatz, einen Alltag zu erschaffen, in dem all die Dinge vorkommen, die mir wichtig sind: Zeit für mich und meine Familie, für meinen Körper und Geist, dafür Neues zu lernen, für Fokus bei meiner Arbeit und noch einiges mehr.
Hier meine aktuellen Top-10 Gewohnheiten und Prinzipien für die Neuausrichtung der persönlichen Produktivität:
1. Ein Manifest schreiben
Etwas also, in dem mein Warum, meine Werte, Prinzipien, Lebensziele und Rollen geklärt sind. Für mich die absolute Voraussetzung dafür, dass ich keinem Schatten nachjage, sondern meine Energie auf die richtigen Dinge lenke. Ich habe auf die harte Tour lernen müssen, dass kein Tool und kein Tipp der Welt mir die damit verbundene innere Arbeit abnehmen kann. Klarheit sorgt dafür, dass ich nicht im Kleinklein meiner To-do-Listen bleibe, sondern das große Ganze meiner Anstrengungen im Blick behalte.

2. In Systemen denken
Wer sich schon mal voller Tatendrang etwas vorgenommen hat, kennt es: Du schmiedest Pläne, machst du dich motiviert auf den Weg, erlebst erste Erfolge, fühlst dich dem Himmel so nah, bis … ja, bis du an einem bedauerlichen Montagmorgen aufwachst und so viel anstrengenden Alltag vor dir hast, dass deine guten Vorsätze einfach verpuffen. Nicht, weil du es nicht umsetzen willst. Oder faul bist. Oder unfähig. Sondern schlicht und ergreifend, weil die Realität dazwischenfunkt. Die Lösung liegt nicht allein im Können. Nicht allein in Einsicht. Nicht allein in Willenskraft. Es um ein System, das genau die Ergebnisse, die Haltung, die Gewohnheiten fördert, die wir gut finden. Diesem Prinzip habe ich einen ganzen Blog-Beitrag gewidmet.
3. Morgenroutine
“Own your mourning, elevate your life.” Robin S. Sharma Und überhaupt: Gewohnheiten, Gewohnheiten, Gewohnheiten. Dazu gehören für mich tagtäglich folgende Dinge: ein Glas Wasser trinken, Meditation, Journaling, mein Manifest lesen, inspirierende Lektüre, Sport machen und meinen Tag visualisieren. Erst wenn ich dieses Programm abgespult habe, fühle ich mich bereit für den Tag. Denn das sind die Dinge, zu denen ich im Trubel der Arbeit sonst nicht komme. Ich muss ihnen nachgehen, bevor die Glocken läuten. Und ich mache eine spannende Beobachtung: Teilweise kann ich nicht mehr ohne. Stichwort: in Systemen denken. Mein Körpergedächtnis fordert mittlerweile meine Morgenroutine regelrecht von mir ein.
4. Fokus auf Weniges
„Produktivität ist die Schnittmenge zwischen Zeit, Energie und Aufmerksamkeit.“ Chris Bailey
Mit dieser einfachen Darstellung hat mich Produkitvitätsjunkie Chris Bailey vor einigen Jahren regelrecht umgehauen. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, weshalb Multitasking ein Mythos ist. Weshalb Ablenkungen so viel Schaden anrichten. Und weshalb es gut ist, dass ich jeden Tag entlang der Eisenhower-Matrix darum ringe, meine absolut wichtigsten Aufgaben von den unwichtigen und vor allem den dringlichen zu trennen. An einem „normalen“ Tag nehme ich mir maximal drei Dinge vor, die ich erledigen will. Geht es aber in Richtung heiße Phase in Projekten, greift bei mir das Konzept der „roten Liste“. Darauf markiere ich all die Aufgaben, die in mir Stress auslösen, wenn ich sie nicht frühzeitig angehe. Darauf fokussiere ich mich so gut es geht. So gewährleiste ich, dass es immer weitergeht und ich dabei nicht durchdrehe.
5. Übergänge gestalten
Von A nach B kommen – das müssen wir jeden Tag ganz schön oft: von einer Aufgabe zur nächsten, von einem Termin zum anderen, von einem Zustand in den nächsten usw. Der erste große Übergang des Tages: morgens überhaupt aufstehen. Und sind wir einmal wach, warten viele Herausforderungen auf uns: Wir müssen ständig zwischen wichtigen Meetings und Calls wechseln. Dazwischen Aufgaben mit verschiedener Dringlichkeit und Bedeutung fokussieren. Pausen machen. Danach wieder durchstarten. Mit Konflikten und Gefühlen umgehen. Laut Brendon Burchard, der sich dem Thema High Performance verschrieben hat, verlieren wir an diesen Übergängen die meiste Kraft. Denn uns geht dabei die innere Klarheit für unsere Beweggründe und Ziele hops. Deswegen sind Mikro-Routinen so wichtig. Sie erlauben uns smoothe Übergänge – sei es ein Spaziergang, eine Meditation, eine gedankliche Unterbrechung. Die Gesundheitspsychologin Kelly McGonigal geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie bricht eine Lanze dafür, dass wir die Brüche in unserem Alltag bewusst als Ressource nutzen. Idee dahinter: Indem wir uns vorstellen, woran wir scheitern werden, finden wir auch die Ansätze, mit denen wir das verhindern können.
6. Tools denken lassen
Fakt ist: Es gibt in unserem hoch-digitalen Arbeitsumfeld so viele Dinge, um die wir uns wieder und wieder kümmern müssen: To-do-Listen pflegen, Termine koordinieren, Erinnerungen stellen, E-Mail-Anhänge speichern (und suchen!), Daten von X nach Y übertragen. Das alles raubt uns nicht nur Zeit, sondern auch „Headspace“. Viele wissen dabei gar nicht, wie fortgeschritten und nützlich manch eine App sein kann. Am Ende ist Produktivität auch die Summe der Minuten, die wir für Wichtigeres gewinnen – seien es andere Projekte oder Zeit, in der wir die Beine hochlegen. Deswegen arbeitet mittlerweile eine ganze Belegschaft digitaler Helferlein für mich: zum Beispiel Monday als digitales Büro, Calendly für Termine, Dashlane als Passwort-Gehirn, Zapier als Alles-Verbinder, Drive als Ablage, Instapaper für Bookmarks und vor allem: Notizen für alles und mit allem, was nur geht! In meinem Fall: Notability und Evernote. Dazu auch der nächste Punkt.
7. Second Brain
Ich schreibe mittlerweile zentnerweise Notizen. Sobald mich jemand anruft, sobald ich etwas lese, sobald ich ein YouTube-Video aufmache, mein Apple Pencil liegt immer bereit. Warum? Weil ich vergesse. Viel! Aber nicht, weil ich besonders vergesslich wäre, sondern weil die Lernpsychologie an dem Punkt eindeutig ist: Wenn wir unser Wissen nicht in Gebrauch bringen, erinnern wir uns schon nach wenigen Tagen nur noch an Bruchteile – egal wovon. Welch eine Verschwendung ist es, wenn wir unsere Erkenntnisse nicht nutzbar machen? Etwa um immer das richtige Follow-up für ein Projekt parat zu haben. Oder um andere dabei zu unterstützen, sich weiterzuentwickeln. Und genau dahin geht die Idee vom Second Brain. Das ist ein fortgeschrittenes Konzept zur Organisation von Wissen nach Tiago Forte, einer der führenden Stimmen im Bereich des persönlichen Wissensmanagements. Der Ansatz: Informationen und Wissen nicht nur sammeln, sondern ein System bauen, das konsistent kreativen Output erzeugt. „Slow Burns“ heißt das dann im besten Fall … und meint, dass Projekte auf dem Grill der Ergebnisse auch langsam gar werden können und nicht immer mit viel künstlicher Hitze erzeugt werden müssen.

8. Das Pace-Konzept
So wie in der Formel 1 geht es bei Produktivität darum, eine durchschnittliche Geschwindigkeit über die Renndistanz zu halten – und dabei die Reifen zu schonen. Konkret habe ich gelernt: Es bringt einen viel weiter und ist weit weniger störungsanfällig, jeden Tag mit 80% der Höchstgeschwindkeit zu fahren als manche Tage mit 100%. Einfach weil unvorhergesehene Dinge passieren, für die man Körner übrig haben sollte. Und weil man sonst schnell die Balance zwischen Anspannung und Entspannung verliert. Wer sich ein wenig tiefer mit dieser Dynamik beschäftigen möchte, der mag sich mal mit dem „Rennen zum Nordpol“ zwischen Amundsen und Scott 1911 beschäftigen. Mich hat hier der Blickwinkel von Management-Experte Jim Collins inspiriert, der die Story aus Sicht von Produktivität, Kreativität und Leadership auseinandernimmt. Spoiler: Der eine hat es geschafft, der andere hat sich und sein Team in den Kältetod geführt.
9. Batching
Oder zu Deutsch: Dinge dann tun, wenn sie dran sind. Schlafen, wenn Zeit ist zu schlafen. Arbeiten, wenn Kraft ist zu arbeiten. Feiern, wenn wir Grund dafür haben. Und ausruhen, wenn es Körper und Geist guttut. Klingt banal, aber mal ehrlich: Wer ist denn hier wirklich konsequent? Wer bleibt nicht mal zu lange auf und quält sich dann morgens aus dem Bett? Wer vergisst nicht mal, bei der Arbeit den Schlussakkord zu setzen, um neue Energie für den nächsten Tag zu sammeln? Oder umgekehrt: Wer hat denn nicht mal einen „lazy day“, der nie so richtig startet? Batching ist dabei nur ein Sammelbegriff für viele Prinzipien, mit denen wir unseren Alltag bereichern können: Angefangen dabei, dass wir auf unser Energielevel achten und unsere Aufgaben entsprechend über den Tag verteilen. Wichtiges so früh wie möglich erledigen. Entscheidungen am besten nach dem Frühstück oder Mittagessen fällen. Telefonate auf den Nachmittag legen, weil wir da geselliger sind. Oder auch regelmäßig die physischen Räume wechseln, um neue Denkanregungen zu bekommen.
10. Spaß haben
Und zum Schluss, der X-Factor. Denn bei allem guten Grund, produktiver zu sein, am Ende geht es doch um eines: sinnvolle Dinge zu tun und Freude an dem zu haben, was man tut. Produktivität ist kein Selbstzweck, sondern ein Vehikel für die gute Sache. Mir tut es einfach gut, wenn ich im Flow bin. Wenn ich Dinge bewege, die mir wichtig sind. Und dabei haben mir die obigen Prinzipien oft geholfen. Aber mit dem alten Kult-Fußballtrainer Hans Meyer habe ich gelernt:
Einstellung ist wichtiger als Aufstellung. Sprich: die Haltung entscheidet.
All diese Prinzipien sind keine Garantie, dass sich Wolkengefühle einstellen. Für mich sind sie aber mein Beitrag zu einem wirkungsvollen Alltag, mit dem ich zufrieden bin.
Findest du dich in diesen Prinzipien wieder? Hast du vielleicht noch mehr im Köcher? Schreib mir deine Gedanken.